Acrylglas ist auch unter den Bezeichnungen Kunstglas oder Plexiglas bekannt. Während es sich bei ersteren beiden um herstellerunabhängige Begriffe handelt, ist letzterer lediglich ein Markenname des deutschlandweit bekanntesten Acrylglas-Herstellers. Unabhängig von der verwendeten Produktbezeichnung ist jedoch von transparenten Kunststoffscheiben aus Polymethylmethacrylat (PMMA) die Rede.
Das Kunststoffglas wird in Deutschland nun seit knapp 100 Jahren hergestellt. Aufgrund seiner zahlreichen praktischen Vorteile findet es sowohl in verschiedenen industriellen Branchen, als auch im Eigenheim Verwendung. Die Anwendungsgebiete sind vielseitig und es gibt beinahe unzählige Möglichkeiten, Acrylglas zu verarbeiten – von Fensterscheiben über Duschwände bis hin zu Bilderrahmen.
Die Entwicklung des Acrylglases
Als Entdecker des Acrylglases gilt der deutsche Chemiker Otto Röhm, der von 1876 bis 1939 lebte. Röhm machte zunächst eine Ausbildung zum Apothekergehilfen und studierte im Anschluss Pharmazie und Chemie. Bereits in seiner Doktorarbeit, die er 1901 zum Abschluss brachte, untersuchte er die Akrylsäure und deren Polymerisationsprodukte. Der Grundstein für seine spätere Entdeckung wurde also bereits während seines Studiums gelegt. Im Jahre 1907 gründete er mit Otto Haas die Firma Röhm & Haas, die sich auf die Entwicklung chemischer Produkte für die Leder- und Textilindustrie spezialisierte.
Die Anfänge der „Gummiarbeit“
Nebenbei beschäftigte sich die Firma mit der Entwicklung diverser Kunststoffe, darunter insbesondere Acrylat- und Methacrylatverbindungen. Die Forschung war damals jedoch mit hohen Kosten verbunden und bot kaum Aussicht auf nennenswerte wirtschaftliche Erfolge.
Otto Röhm war vom Potenzial des Polymerisats des Acrylsäureesters dennoch überzeugt und setzte seine Suche nach einem geeigneten Herstellungsverfahren unbeirrt fort. Was als kleines Forschungsprojekt unter dem Namen „Gummiarbeit“ begann, wurde nach Ende des Ersten Weltkriegs zu einer ganzen eigenen Abteilung in der Firma Röhm & Haas. Im Rahmen der kostspieligen Kunststoff-Forschung kam es nicht selten zu Explosionen und anderen Komplikationen. Ein weiteres Problem der Forschungsabteilung Röhms bestand darin, dass sie im Vergleich zu den zahlreichenden konkurrierenden Betrieben deutlich schlechter ausgestattet war.
Ende der 1920er Jahre gelang dem Forschungsteam um Röhm schließlich die erste erfolgreiche Erfindung. Im Rahmen der Suche nach Herstellungsverfahren synthetischen Kautschuks entwickelten die Forscher mehr oder weniger durch Zufall das sogenannte LUGLAS. Dabei handelt es sich um ein splittersicheres Sicherheitsglas, das insbesondere für Autoscheiben verwendet wurde. Mit diesem Produkt gelang dem Unternehmen im Jahre 1928 der Einstieg in das Acrylatgeschäft.
Glücklicher Zufall
In den 1930er Jahren setzte nicht nur die Firma Röhm & Haas, sondern auch die weltweite Konkurrenz die Suche nach industriell einsetzbaren Kunststoffen fort. Röhm und sein Team arbeiteten zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich mit Methacrylaten. Die Entdeckung des Acrylglases gelang durch einen Zufall. Eine Flasche, in der sich eine Probe des monomeren Methylmethacrylats (MMA) befand, wurde in der Nähe des Fensters aufbewahrt. Als sie in Kontakt mit dem Tageslicht kam, wurde sie zerstört. Es erfolgte eine Polymerisationsreaktion, die einen Block aus Polymethylmethacrylat (PMMA), dem Rohmaterial des Acrylglases hinterließ.
Auf die zufällige Entdeckung folgten weitere Versuche, in denen es schließlich gelang, das Material kontrolliert zu erzeugen. Durch Polymerisation zwischen Scheiben entstanden dünne Scheiben aus dem gewünschten Acrylglas. Die Firma Röhm & Haas taufte das neu entdeckte Material “Plexiglas” und meldete es im Jahre 1933 schließlich als Marke an.
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